Westerwälder Zeitung vom 03.06.1998
 
Der Mond von Soho leuchtete in Westerburg

Theatergruppe Primavera und Ensemble der Stadtkapelle Westerburg boten gelungene Inszenierung der "Dreigroschenoper"
Intensive Probenarbeit und Engagement haben sich für die Laienschauspieler und Musiker der Stadtkapelle Westerburg gelohnt: Die Aufführung der "Dreigroschenoper" in der vollbesetzten Stadthalle wurde zum Erfolg und mit kräftigem Applaus gefeiert.

Von Angela Baumeier

WESTERBURG. Daß zwei Vereine der Stadt Westerburg in dieser Weise zusammenarbeiten und über Monate hinweg mit Begeisterung probten, allein diese Tatsache ist nicht selbstverständlich. Ungewöhnlich auch die Stückwahl, denn mit Brechts "Dreigroschenoper" hatte sich "Primavera" für ein Mammutunternehmen entschieden, das neue Anforderungen an Darsteller und Publikum stellte.

Die Inszenierung der 1928 uraufgeführten "Bettleroper" (Regie: Dr. Rainer Burggaller) wurde der Herausforderung gerecht. Genaue Szenenbilder, eine gelungene Besetzung der einzelnen Rollen und nicht zuletzt die überzeugende Interpretation der "schrägen" Musik von Kurt Weill durch ein Ensemble der Stadtkapelle unter der Leitung von Rheinhold Sedlácek hielten die Zuschauer in Spannung.

Die Geschichte um Chefbandit Mackie Messer (Rainer Burggaller) und seine Frauen, die er ebenso für sich in Anspruch nimmt, wie er seine Männer (Vera Apel-Jösch, Wolf Apel, Uwe Paschen, Bernd Winkler, Erik Spahl) herumkommandiert, bot nebenbei auch das Vergnügen einer Reihe bekannter Lieder. Da schien so schön der Mond von Soho, und Polly (Mechthild Rückes) lag in den Armen ihres Liebsten. Doch offenbar nicht nur sie, wie im Laufe des Geschehens allzu sichtbar an Lucy Brown (Renate Weimer) wird. Was Pollys Vater Jonathan Jeremiah Peachum (Uwe Brunnenberg) gemeinsam mit seiner Frau (Hanne Wiesenmaier-Löhr) nicht nur aus moralischen Erwägungen nicht schmeckte.

Doch lebt die "Oper" nicht vom Vater-Tochter-Konflikt oder den Eifersüchteleien um einen Mann - auch wenn Spelunken-Jenny (Ursula Göbler) gemeinsam mit den anderen Huren (Ulrike Groß, Cornelia Hof, Hilde Sprung, Edeltraud Welter) davon profitierten. Was hier als Gaunerstück daherkommt, benutzt diese Muster, um soziale Fragen aufzugreifen. Daß es dabei nicht trocken und moralisierend zugeht, spricht für die Genialität des jungen Brecht, der mit dem Stück einen "Volltreffer" landete.

Mittendrin im kriminellen Gerangel um Bettler (Hans Weber, Sarah Brunenberg, Max Jösch, Carmen Neu, Bernd Winkler, Erik Spahl) und skrupellose Raubzüge ist der Polizeichef von London - gespielt von Andreas Meudt, der auch in weiteren Rollen das Publikum überzeugte. Ihm zur Seite stand Smith (Michael Ofterdingen) - ebenso korrupt wie sein Vorgesetzter.

Auch wenn der Schlußchor akustisch nicht rüberkam (auch manche Gesänge waren nur schwer zu verstehen), sorgte das Stück-Ende doch für eine Überraschung. Zu recht wurde den Darstellern und Musikern für ihre Leistungen mit reichlichem Beifall gedankt. Eine Inszenierung, die sich anzusehen lohnt.

Weitere Vorstellungen sind am 13. Juni im der Stadthalle Hachenburg, am 20. Juni in der Stadthalle Hadamar, am 27. Juni in der Stadthalle Westerburg, am 4. Juli im Dorfgemeinschaftshaus Enspel. Veranstaltungsbeginn: jeweils 19.30 Uhr.